
09. Juni 2023
Vorzeichen für einen Sanierungsfall
Oft erleben wir bei unseren Sanierungsmandaten die gleichen vorauseilenden Symptome, welche auf eine bevorstehende Eskalation hingewiesen haben. Diese liegen – unabhängig von der Betriebsgrösse – hauptsächlich in der menschlichen Neigung begründet, unerfreuliche Realitäten zu verdrängen.
Die Stimmung im Unternehmen verschlechtert sich zuallererst; die einzelnen Abteilungen sprechen nicht mehr lösungsorientiert miteinander, sondern konzentrieren sich nur auf ihren eigenen Garten. Krankheitsbedingte Absenzen häufen sich.
Typischerweise bricht als Erstes die bisher ausreichende Liquidität ein: die Debitorenliste bleibt etwa gleich, die Kreditorenbestände hingegen vergrössern sich laufend. Als Reaktion werden Sparmassnahmen umgesetzt und Investitionen zurückgestellt. Dies führt zu einer kurzfristigen Stabilisierung. Die Probleme sind damit jedoch bei weitem nicht gelöst.
Bei Produktionsbetrieben führt der Investitionsstopp mittelfristig zu einer tieferen Kosteneffizienz und damit zu Verlusten von Marktanteilen. Die Wettbewerbsposition verschlechtert sich zunehmend und das Management hofft auf eine Verbesserung der Marktlage.
Die Liquidität bricht erneut ein und wird mittels Verkauf oder Belehnung von nicht betriebsnotwendigen Assets erneut stabilisiert. Die Geschäftsleitung wirkt mit Aussagen wie «das sind normale Geschäftszyklen, das kommt schon wieder» auf den Verwaltungsrat ein.
Da sich die Lage nicht beruhigen kann, denn die Probleme sind hausgemacht, kommt es zu einem ersten grösseren Stellenabbau. Spätestens jetzt sollten sich Geschäftsleitung und Verwaltungsrat unverzüglich an einen externen Sanierungsexperten wenden. Nur ein solcher bringt die notwendige Distanz mit, um eingefahrene Mängel zu erkennen und (weil er keine alten, eigenen Entscheidungen umkrempeln muss), überfällige Veränderungen umzusetzen.
In der Regel sind kleinere und mittlere KMU sehr stark auf den Inhaber/die Inhaberin ausgerichtet. Er oder sie entscheidet oftmals bis ins kleinste Detail und demotiviert damit guten, internen Führungsnachwuchs. Dieser resigniert oder sucht sich einen neuen Arbeitgeber mit besseren Entwicklungschancen. Es ist menschlich nachvollziehbar, dass ein jahrelang erfolgreicher Inhaber bzw. Inhaberin vor allem sich selbst vertraut; irgendwann wird dies aber für jedes Unternehmen zur Belastung und verhindert in der Regel die notwendige Weiterentwicklung.
Deshalb ist es unerlässlich, dass im Rahmen eines gesunden Risikomanagement der Verwaltungsrat die Informationen, welche er von der Geschäftsleitung erhält, kritisch hinterfragt und auf ihre sachliche Richtigkeit überprüft. Problematisch umzusetzen ist dies bei inhabergeführten KMU, in welchen der Verwaltungsratspräsident mit dem CEO identisch ist. In diesen Konstellationen empfehlen wir mit Nachdruck führungsstarke, erfahrene und vor allem unabhängige externe Verwaltungsräte einzusetzen, welche solche Konstellationen erkennen und proaktiv einwirken können.

René K. Voser
Managing Partner
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